Das klassische Ferienwaldheim der evangelischen Kirchengemeinde Weilimdorf wurde in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Statt dessen fanden in den beiden Wochen von 24. August bis 4. September 2020 Ferien-Aktion-Wochen statt.
Üblicherweise werden bei den Waldheimfreizeiten der evangelischen Kirchengemeinde Weilimdorf rund 300 Kinder betreut. In diesem Jahr waren nur ganz wenige Kinder im Waldheim Lindental und das auch nur an einzelnen Tagen. Grund dafür ist die Corona-Pandemie: „Unser Rat hat entschieden, dass das Waldheim nicht stattfinden kann“, erklärt Waldheimleiter Guido Dieringer. Ein Argument für die Absage war, dass man sich sehr schwer getan hätte zu entscheiden, wem von den angemeldeten Kindern man absagen soll. Aufgrund der Vorgaben von Seiten der Politik hätten nicht wie üblich 300 Kinder an den Freizeiten teilnehmen können, sondern nur deutlich weniger. Das zweite Argumente des Gremiums war, dass man sowohl für Teilnehmer als auch Betreuer eine Fürsorgepflicht habe, die man in Zeiten der Pandemie nicht erfüllen könne. Aus dem letztgenannten Grund werde das Waldheim derzeit auch nicht an Privatpersonen etwa für Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern vermietet.
Mit Blick zurück auf die vergangenen Monate hält Dieringer fest, dass man im Grunde genommen schon zu Beginn der Pandemie überlegt habe, wie es mit dem Waldheim in diesem Jahr wohl werden würde. Als dann die Pfingstzeltlager der Pfadfinder alle abgesagt wurden, habe man sich Gedanken gemacht, unter welchen Umständen in Zeiten der Pandemie ein Waldheim stattfinden könne. Die OT’s hätten bis auf wenige Ausnahmen alle signalisiert, dass sie – sofern es die Vorgaben von Seiten der Politik zulassen – dabei wären.
In der Zeit nach Pfingsten habe es dann ständig neue Vorgaben gegeben, erinnert sich Dieringer. Immer wieder habe man sich neue Konzepte überlegt und diese wieder überarbeitet. Schließlich habe die Politik dann Vorgaben gemacht, unter welchen Bedingungen Waldheime durchgeführt werden können.
Nachdem die Kirchengemeinde dann ihre bereits erwähnte Entscheidung getroffen hatte, war es Aufgabe von Dieringer, die OTs darüber zu informieren. „Die Enttäuschung war bei allen sehr groß“, erzählt der Waldheimleiter. Das bestätigt auch Marcel Schaible, Leiter einer Gruppe bei den Ferien-Action-Wochen. Schaible ist schon seit vielen Jahren OT. „Es ist schon traurig, das Waldheim so leer zu sehen. Nach dem Beschluss der Kirchengemeinde haben wir uns überlegt, dass wir trotzdem ein Angebot machen müssen, damit die Kinder etwas anderes haben als immer zuhause zu bleiben.” Vorgabe sei gewesen, dass das Angebot auf keinen Fall Waldheim heißen darf. So seien dann die „Sommer-Action-Wochen“ entstanden. Der Plan war, dass sich verschiedene fest eingeteilte Gruppen in den Gemeindehäusern treffen und dort verschiedene Aktionen durchführen. Geplant waren eine Abenteuer-Woche im Oswald-Gemeindehaus, Erlebnis-Tage in der Stephanus-Kirche und räumliches Zeichnen mit Exkursionen, Leckeres aus der Backstube im Bonhoeffer-Gemeindezentrum sowie Sommerspaß im Wolfbusch-Gemeindehaus.
Am Ende hätten sich nicht so viele Kinder, wie gedacht, angemeldet, räumt Dieringer ein. Möglicherweise sei man mit der Vorstellung des Programms zu spät dran gewesen. Wer dringend einen Betreuungsplatz für sein Kind gebraucht hat, hatte sich Ende Juli wahrscheinlich bereits anderweitig umgesehen.
Geplant waren die Angebote für Sechs- bis Achtjährige und für Neun- bis Elfjährige. Angemeldet hätten sich letztliche für beide Wochen insgesamt 28 Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren, erklärt Dieringer. Stattgefunden hat beispielsweise das räumliche Zeichnen. Die Gruppe wurde zunächst theoretisch in das Thema eingeführt und hat sich dann auf verschiedene Exkursionen begeben. Auf dem Programm stand beispielsweise ein Besuch in der Staatsgalerie, wo unter anderem die Werke berühmter Künstler genau unter die Lupe genommen wurden. Weitere Exkursionen führten die Teilnehmer in die Stadt und einmal ging es sogar nach Ulm, um dort gemeinsam dreidimensional zu zeichnen.
Eine weitere Gruppe traf sich täglich im Gemeindehaus in der Ludmannstraße. Von dort ging es einmal zur Schnitzeljagd in den Wald, an einem anderen Tag wurde gemeinsam im Gemeindehaus gebastelt und es stand auch ein Besuch im Waldheim oder ein Besuch im Märchengarten in Ludwigsburg auf dem Programm. Gut kam bei den Kindern auch der Spielplatztest in Weilimdorf an. An dem Tag seien die Spielplätze im Ort unter verschiedenen Gesichtspunkten bewertet worden. Eine Rolle spielte beispielsweise das Spielangebot, ein anderes war die Vielfalt der Geräte. „Der Favorit war der Spielplatz Waldhornweg vor allem auch wegen der Wasserspielfläche“, erzählt Schaible, der diese Gruppe mit zwei weitern OT’s betreut hat.
„Wir leben bei den Sommer-Action-Wochen regelrecht im Luxus“, erzählt Schaible weiter. Das Essen beispielsweise werde von Guido Dieringer immer angeliefert. Auch nach Ludwigsburg in den Märchengarten sei das Essen gebracht worden.
Besonders positiv bewerteten die Betreuer und der Waldheimleiter auch, dass der Zuschuss von der Stadt pro Kind und Tag von 7.40 auf 14.80 Euro verdoppelt wurde. Dadurch seien manche Dinge möglich geworden, die sonst nicht machbar wären.
Doch zurück zum Essen: Das wurde jeden Tag frisch von einem dreiköpfigen Küchenteam zubereitet. „Wir kochen jeden Tag frisch und ganz ohne Convenience-Produkte“, erzählt Sarah Killguß. Sogar die Spätzle seien vom Küchenteam selbst gemacht worden. Auf dem Speiseplan standen am ersten Tag Spaghetti. „Dann konnten die Kinder vorschlagen, was es während der Woche geben soll“, so Björn Eich. Die Wahl fiel auf Schnitzel mit Spätzle und Soße, Serviettenknödel mit Putengeschnetzeltem und Cannelloni mit Salat. Zum Abschluss gab es Hamburger mit Kartoffelecken. Am Nachmittag gab es dann immer noch einen Snack in Form von Muffins, Brownies, Kuchen oder Obst. „Bei uns in der Küche hat alles super geklappt”, berichtet Killguß. Doch auch sie bedauert, dass das Waldheim in diesem Sommer verwaist war. Dies umso mehr, weil, wie sie sagt, in anderen Waldheimen auch mehr Kinder betreut worden seien.
Auf die Frage, ob es bereits Pläne für das kommende Jahr gebe, meint Dieringer, aktuell bleibe nichts anderes als abzuwarten, wie sich das Pandemie-Geschehen weiter entwickelt. Tatsächlich habe man sich schon Gedanken gemacht, ob man in den Weihnachtsferien nicht wieder ein Winterwaldheim anbieten soll. Im Lindental hatte es lange Jahre ein Winterwaldheim gegeben, das dann wegen sinkender Teilnehmerzahlen ins Wolfbusch-Gemeindehaus verlegt wurde. „Ob ein Winterwaldheim dieses Jahr möglich sein wird, steht in den Sternen“, so Dieringer. Vielleicht sei es ja möglich ein Angebot für eine begrenzte Teilnehmerzahl zu machen.
Und auch für das Ferienwaldheim im kommenden Jahr könne man noch keine Prognose abgeben. „Ich bin jetzt seit zwei Jahren Waldheimleiter und unser Waldheim ist immer voll, weil die Kinder unbedingt hierher kommen wollen“, freut sich Dieringer. Bei anderen Waldheimen sehe das durchaus anders aus. Bei einem Waldheimleitertreffen habe sich gezeigt, dass es auch in Stuttgart einige Waldheime gebe, die nicht mehr voll werden. Die Waldheimleiter seien sich einig gewesen, dass ein entscheidender Grund dafür die Ganztagesschule sei, die ihrem Auftrag entsprechend während der Sommerferien auch Angebote mache.
Für die Kinder sei es aber wichtig, auch Kontakt zu anderen Kindern zu bekommen und nicht nur zu den Klassenkameraden, ist Dieringer überzeugt. Möglicherweise könnten hier Kooperationen zwischen den Schulen und den Waldheimen für Abhilfe sorgen. Durch Kooperationen zwichen Schulen und Waldheimen könnten beispielsweise die pädagogischen Kräfte in den Schulen entlastet werden. „Das wäre eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.”
Text/Fotos: Uwe Tommasi